Benjamin Coulter
30.11.2024

(K)ein 95% Christ

Als Teenager entdeckte ich bei manchen Christen eine Freiheit, die ich selbst nicht hatte: eine Unbeschwertheit trotz schwieriger Umstände, eine Ruhe trotz unbeantworteter Fragen und eine Stärke, von der keine Bedrohung ausging.
Eine solche Christin sagte mir einmal: „Weisst du, das ist gar nicht so schwierig. Ich habe mich einfach entschieden, alles zu tun, von dem ich weiss, dass Gott es von mir möchte.“
Für mich war das nicht einfach. Ich war Christ – und das nicht nur nebenbei. Ich wollte Jesus ernsthaft nachfolgen. Fast alles in meinem Leben tat ich für ihn, und das fiel mir tatsächlich leicht. Sogar die Arbeit auf dem Bau oder das Putzen zuhause wurde für mich einfacher, als ich erkannte, dass ich auch damit Gott ehren kann.
Was mir schwerfiel, war die Lücke zwischen „fast allem“ und „allem“. Ich vertraute Jesus vielleicht zu 95 %. Ich glaubte weitgehend, dass alles, was er von mir möchte, gut ist. Trotzdem blieb ein kleiner Vorbehalt. Dieser Vorbehalt kostete mich viel Kraft.
Es fühlte sich an, als wäre ich auf einem Boot. Ich wüsste, dass ich mich damit frei und sicher auf dem See bewegen könnte, würde mich aber dennoch mit einer Hand am Geländer des Stegs festhalten. Oder auch nur mit einem Finger, doch dadurch wird die Spannung nur grösser.
Mir war klar, dass es mir leichter fallen würde, wenn ich mich halbwegs auf Jesus einlassen würde. So wie es mir leichter fallen würde, nur mit einem Fuss auf ein Boot zu steigen, anstatt mich fast, aber doch nicht ganz darauf einzulassen. Aber nur halb an Bord zu sein, bringt mir gar nichts.
Ich erkannte, dass ich mich als Christ erst dann frei bewegen kann, wenn ich mich ganz auf Jesus einlasse, genauso wie ich mich mit einem Boot erst dann frei bewegen kann, wenn ich das Ufer ganz loslasse.
Diese Freiheit in Jesus – die ich bei anderen bewunderte – erlebte ich erst, als mir die Kraft ausging und ich mich selbst gar nicht mehr festhalten konnte.
Seither habe ich wieder Kraft gewonnen. Ich bin gerne mit Jesus unterwegs und freue mich, meine Stärken für ihn einsetzen zu können. Doch manchmal halte ich mich wieder an Dingen fest, die mir Sicherheit geben sollen, mich in Wahrheit aber zerreissen, ausbremsen oder im schlimmsten Fall von Gott trennen.
In den letzten zwei Wochen erlebte ich mehrmals, wie Menschen – die offenbar viel für mich beten – mich aktiv ermutigten, mich erneut ganz und vorbehaltlos Gott hinzugeben.
Dazu möchte ich auch dich ermutigen und mich herzlich bei allen bedanken, die für mich beten.