Benjamin Coulter

Damit sie ein sind, so wie wir

Jesus Betet für uns

Im Johannesevangelium, Kapitel 17, können wir das letzte und vielleicht wichtigste Gebet von Jesus nachlesen. Jesus segnet seine Jünger und betet ausdrücklich auch für alle, die durch ihr Zeugnis im Neuen Testament an ihn glauben werden (Joh 17,20). Damit wir eins seien, seine Liebe in uns ist und er seine Herrlichkeit mit uns teilen kann.

Damit wir alle eins seien

Damit sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, […] damit sie eins seien, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast (Joh 17,21-23)
Das wichtigste jüdische Glaubensbekenntnis und Gebet ist das «שְׁמַע יִשְׂרָאֵל» (Shema Israel) aus dem 5. Mose 6,4, wo es heisst: „Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR ist einer.“ 'Einer' oder 'eins' bedeutet, dass es nicht zwei Götter gibt und auch sonst nichts Vergleichbares neben Gott. Wir Christen glauben an den dreieinigen Gott: Gott der Vater, der Sohn und der Heilige Geist – drei Personen, die jedoch in völliger Einheit einen Gott bilden.
Es ist der grosse Wunsch von Jesus, dass auch wir mit all unserer Vielfalt vollkommen eins werden und ihn dadurch repräsentieren, sodass die Welt erkennt, dass Jesus vom Vater kommt.
Ich bin und war schon immer beeindruckt von der Chrischona Sursee, weil wir sehr unterschiedlich sind und trotzdem zum Gottesdienst zusammenfinden. Das ist nicht einfach, aber dort, wo wir trotz unserer Unterschiede eins werden, leuchten wir umso heller für die Welt. Eins zu werden bedeutet nicht, gleich zu werden. Wenn du denkst, wir müssen alle gleich konservativ oder gleich liberal sein, um Einheit zu finden, irrst du dich. Dadurch würden wir im besten Fall nur an Vielfalt verlieren und wahrscheinlich zur gegenseitigen Konkurrenz werden, aber sicher nicht zur Einheit finden.
Jesus, der Vater und der Heilige Geist sind nicht gleich – sie sind eins. Auch wir sollen nicht gleich sein, sondern eins.
In unserer Gemeinde gibt es nicht nur grosse Unterschiede, sondern auch viele Verletzungen. Ich weiss das, weil ich Teil davon bin und auch Menschen verletzt habe. Menschen haben mir Unrecht getan, und Menschen haben von mir Unrecht erfahren. Jedem von uns geht das so. Wie können wir auf einer solchen Basis eins werden?
Der einzige Weg dazu ist Jesus. Einheit finden wir nur in ihm. Je näher wir zu Jesus kommen, desto näher kommen wir auch einander. Je mehr wir seine Gnade erfahren, desto gnädiger werden wir miteinander. Je mehr Heilung wir durch Jesus erfahren, desto besser können wir einander ertragen. Je mehr wir seine Liebe empfangen, desto eher können wir auch die lieben, die uns verletzt haben.
Menschlich gesehen ist das alles unmöglich. Gerade deshalb gibt es keinen grösseren Gottesbeweis für die Welt, als wenn sie sehen können, dass wir durch Jesus trotz allem eins werden.

Damit die Liebe in uns sei

Damit […] die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst. […] Du hast mich geliebt, ehe der Grund der Welt gelegt war. […] Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan […] damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen. (Joh 17,23f.26)
Die Grundlage dieser Einheit ist Gottes Liebe zu uns und in uns.
Es ist nicht möglich, die Liebe Gottes zu stark zu betonen. Wer meint, dass wir dadurch andere wichtige Eigenschaften Gottes wie z.B. seine Gerechtigkeit vernachlässigen könnten, hat nicht verstanden, wie umfassend Gottes Liebe ist. Eine Liebe, die auf Gefühlen oder blossem 'lieb sein' reduziert wird, genügt bei Weitem nicht. Aber die wahre Liebe Gottes beinhaltet alles, was uns die Bibel lehrt (Mt 22,37-40).
Unmissverständlich und mehrfach sagt Jesus, dass wer ihn liebt, seine Gebote halten wird (Joh 14,15.21.23; 15,10; 1 Joh 3,24; 5,3; 2 Joh 6).
Wenn wir etwas Liebe nennen, das uns nicht dazu bewegt, Gottes Wort einzuhalten, dann ist es nicht Gottes Liebe, dann haben wir Gott noch nicht erkannt.
Und daran merken wir, dass wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote halten. Wer sagt: Ich kenne ihn, und hält seine Gebote nicht, der ist ein Lügner, und in dem ist die Wahrheit nicht. Wer aber sein Wort hält, in dem ist wahrlich die Liebe Gottes vollkommen. Daran erkennen wir, dass wir in ihm sind. (1 Joh 2,3-5)
Wer aber umgekehrt meint, er müsse durch das Einhalten der Gebote Gottes Liebe erarbeiten oder er könne damit etwas an der Gnade, die wir durch Gottes Liebe empfangen, hinzufügen, ist verflucht.
Das sind harte Worte, aber es ist unbedingt notwendig, dies zu verstehen: Die Galater nahmen die Erlösung durch Jesus gerne an, glaubten dann aber, dass dies nicht genügt. Sie glaubten, dass sie Gerechtigkeit vor Gott nur dadurch erlangen könnten, wenn sie das Werk von Jesus durch eigene Leistung ergänzen. In seinem Brief drückt Paulus sein Entsetzen aus: „Wer hat euch bezaubert […]. Seid ihr so unverständig? Im Geist habt ihr angefangen, wollt ihr’s denn nun im Fleisch vollenden?“ (Gal 3,2.3).
Wer das so sieht, bleibt unter dem Fluch des Gesetzes (Gal 3,10). Das Opfer von Jesus bringt ihnen nichts (Gal 3,4).
Die gute Nachricht aber kommt ab Vers 13:
Christus aber hat uns erlöst von dem Fluch des Gesetzes, da er zum Fluch wurde für uns; denn es steht geschrieben: »Verflucht ist jeder, der am Holz hängt«, damit der Segen Abrahams unter die Heiden komme in Christus Jesus und wir den verheißenen Geist empfingen durch den Glauben.
Es ist falsch, wenn wir versuchen, Gottes Gnade, seine Gerechtigkeit oder sein Ansehen durch das Einhalten des Gesetzes zu erreichen. Damit weisen wir zurück, was Jesus bereits für uns getan hat. Aber selbst dann, wenn wir Jesus so beleidigen, liebt er uns, wie wir in Römer 5,8 nachlesen können: „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“
Es ist dieselbe Liebe, mit der Gott Jesus schon vor der Grundlegung der Welt liebte, die wir jetzt durch Jesus Christus empfangen (Joh 17,23f).

Damit wir seine Herrlichkeit sehen

Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast […]. Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen. (Joh 17,22.24)
Jesus wünscht sich, dass wir durch Liebe eins sind, untereinander und in ihm, sodass er seine Herrlichkeit mit uns teilen kann. Das griechische Wort dafür ist δόξα (doxa). Es kann auch mit Ruhm, Glanz, Ehre, Ansehen oder Schönheit übersetzt werden. Doxa ist alles, was Anerkennung verdient.
Menschliches Doxa sind z.B. teurer Schmuck, ein fettes Auto oder die schönsten Ferienbilder auf Instagram und genau die Meinung zu vertreten, die von uns erwartet wird. Menschen suchen lieber Doxa bei anderen Menschen als bei Gott (Joh 12,43).
Aber Jesus sucht kein menschliches Doxa (Joh 5,41), sondern die Herrlichkeit des Vaters, die er in Ewigkeit mit allen teilt, die zu ihm gehören.
Diese von Gott gegebene Herrlichkeit ist so strahlend schön, dass der leiderprobte Paulus darüber schreibt:
Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll (Röm 8,18).
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